Polizeigewalt gegen friedliche Demonstranten: letzte Woche in Basel, heute in Bern
24.05.2025 - Heute schiesst die Berner Polizei Gummischrot auf die Menge von Demonstranten, welche sich friedlich versammelten, um in der schweizer Hauptstadt gegen Genozid in Gaza zu demonstrieren. Wasserkanone, Tränengas und Schlagstöcke kommen auch zum Einsatz.
Diese gewaltsame Unterdrückung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit - Grundrechte, welche in unserer Bundesverfassung verankert sind - haben letzte Woche Demonstranten in Basel auch erlitten. Als Tausende von Menschen friedlich durch Basel marschierten, wurden hunderte von denen von der Basler Polizei eingekesselt und bis zum frühen Morgen ihrer Freiheit beraubt. Der Zugang zu Nahrungsmittel, Wasser, Decken und WC wurde verweigert. Entlassen wurden sie nur, nachdem jede Person einzeln von der Polizei kontrolliert wurde.
Heute zeigt sich dieses repressive Muster in Bern: diesmal aber gewaltsamer. Mit dem Einsatz von Gummischrot, Tränengas und Wasserkanone auf friedliche Demonstranten, welche ihren Umzug durch die Stadt machten, eskaliert die Polizeigewalt gegen “Pro-Palästina” Bürger. Unsere Demokratie senkt tief, wenn Szenen aus schweizer Städten an schändliche Polizeirepression in Deutschland erinnern.
Über 5’000 Menschen aus der ganzen Schweiz sind in Bern zusammengekommen, um von unserer Regierung zu fordern, dass sie das Völkerrecht einhält und die Bevölkerung Palästinas von der laufenden ethnischen Säuberung schützt. Die Aggression des israelischen Staats gegen die von ihm besetzte Bevölkerung Palästinas verletzt zwingendes Völkerrecht: diese Kriegsverbrechen und Humanitätsverbrechen müssen gestoppt werden. Das fordert das Volk, welches heute in Bern seiner Stimme Gehör zu schaffen versuchte. Dass die Polizei, unter Anweisung unserer Regierung und mit Staatsgeldern, unverhältnismässige Gewalt gegen das Volk, das für Menschenrechte einsteht, anwendet, ist eine Schande für die schweizer Politik.
Im Rahmen dieser Repression, möchten wir als JuristInnen und MenschenrechtsexpertInnen folgendes klarstellen:
Die freie Meinungsäusserung und Versammlungsfreiheit sind verfassungsmässige Grundrechte. Friedlich seine Meinung zu äussern und sich zu versammeln ist durch die schweizerische Bundesverfassung garantiert, Art. 17 und Art. 22 BV. Ferner werden diese Rechte auch von internationalen Abkommen geschützt, wie die europäische Menschenrechtskonvention (Artt. 10 und 11) und die allgemeine Erklärung der Menschenrechte (Artt. 19 und 20), welche international sowie in der Schweiz gelten.
Die Ausübung dieser verfassungsmässigen Rechte bedingt keine Bewilligung. Auch nicht bewilligte Demonstrationen fallen in den Schutzbereich dieser Grundrechte, solange diese friedlich sind: ohne Bewilligung zu demonstrieren ist nicht illegal, und auch nicht strafbar.
Die Polizei kriminalisiert fälschlicherweise unbewilligte Demonstrationen gestützt auf gemeinderechtlichen Verordnungen. D.h., weil zum Teil auf Gemeinde Ebene Bewilligungen für den gesteigerten Gebrauch öffentlicher Räume vorausgesetzt werden, wird dies von Behörden bei Demonstrationen verlangt und das Fehlen einer Bewilligung als gesetzeswidrig interpretiert. Das stützt sich auf Gemeinderecht (wie Polizeiverordnungen z.B.) und nicht auf Straf- bzw. Bundesrecht. Unbewilligte oder sogenannte spontane Demonstrationen sind nicht illegal und werden von den Behörden meistens toleriert - diese können auch vor Ort spontane Demos “bewilligen”. Es spricht nichts dagegen, solange eine Demo friedlich ist.
Die Bundesverfassung steht über allen schweizerischen Gesetzen und hat somit - mit den Grundrechten - Vorrang. Pauschale Einschränkungen der Demonstrationsfreiheit durch Gesetze auf kantonaler oder Gemeinde Ebene widersprechen den Menschenrechtsgarantien des Bundesrechts, welche höherrängig sind: wann Behörden die Teilnahme an Demonstrationen kriminalisiert, verletzt das die Bundesverfassung.
Behörden handeln nicht immer rechtsmässig, auch die Polizei verkennt manchmal die Schranken des Rechts. Polizeigewalt soll nur verhältnismässig und als ultima ratio angewendet werden, wenn erforderlich - was bei friedlichen Versammlungen nicht der Fall ist. Jedoch folgen Polizisten Anweisungen oder reagieren auf Vorfälle, ohne sich über die Rechtsmässigkeit ihrer Handlungen Gedanken machen zu müssen. Dies kann u.A. zu: Machtmissbrauch, Einsatz unverhältnissmässiger Mitteln oder Rechtsverletzungen führen.
Die “Palästina Solidaritätsbewegung” steht im Einklang mit dem Recht: international und national. Sie fordert u.A. den Schutz von Menschenrechte und die Verteidigung der palästinensischen Bevölkerung vor ethnischer Säuberung, deren Befreiung von der illegalen Besatzung Israels und die Verwirklichung ihres Selbstbestimmungsrechts. Sie verurteilt Kriegs- und Humanitätsverbrechen sowie Völkermord, und fordert Rechenschaft gemäss zwingendem Völkerrecht, im Einklang mit der ONU, zuständigen internationalen Gerichte und Experten. Diese Bewegung ist somit als für das Völkerrecht bzw. für die Menschenrechte zu verstehen.
FAZIT: Wenn unsere demokratische Rechte meist respektiert werden, aber nicht wenn es um Palästina geht - wenn wir demonstrieren können, aber nicht wenn es um Palästina geht - wenn wir unsere Meinungen frei und sicher bilden und äussern können, aber nicht wenn es um Palästina geht: dann ist die Rechtsanwendung unserer Behörden willkürlich. Die gewaltsame Unterdrückung des eigenen Volks, die Missachtung der eigenen Verfassung und Grundwerten, zielt darauf, die Wahrheit über Palästina zu verbergen, um andere Interessen als die des Völkerrechts zu schützen. Dann geht es nicht um Recht, sondern um Politik: es ist Repression.
Wenn du Polizeirepression erlebt hast, kannst du uns auf: swissactionforhumanrights@gmail.com schreiben.